Die Schafe und die Römersteine
Das Kloster Dalheim

Um die Tradition und die Geschichte der Schafe an den Römersteinen zu verstehen werfen wir einen Blick in die Vergangenheit Zahlbachs zur Zeit des Zisterzienserklosters „Maria Dalheim“ im 13. Jahrhundert. Wirtschaftliche Basis des Klosters war großer Landbesitz in Bretzenheim und Zahlbach, der bis an den sogenannten Binger Schlag (bis in die Nähe des heutigen Hauptbahnhofs) reichte. Das Gebiet nördlich der Römersteine, die Flur „Attach", wurde, entsprechend zisterziensischer Gepflogenheit, überwiegend in eigener Regie bewirtschaftet. Hierzu dienten ein Hof, unmittelbar neben dem Kloster und ein weiterer auf dem Gebiet des heutigen Hauptfriedhofs einer umfangreichen Schafhaltung. Im Laufe der Jahrhunderte kam es immer wieder zum Aufbegehren der Bürger von Zahlbach und Bretzenheim, die vom Kloster wie Leibeigene behandelt und zu Frondiensten herangezogen wurden.
Ziege und Schafe an den Römersteinen – Streitfälle zwischen Kirche und Volk
Häufiger Streitpunkt waren die Ziegen und Schafe der armen Leute, die immer wieder in verbotener Weise auf den Wiesen an den Römersteinen grasten. Von dort wurden sie regelmäßig von den Knechten des Klosters vertrieben. Zum Eklat kam es am 6. Oktober 1773, als wieder einmal die Knechte die Hammel vertrieben hatten, worauf sich die ganze Gemeinde, mit Prügeln und Hacken bewaffnet, zum Kloster aufmachte und ihre gesamte Schafherde auf die Wiesen an den Römersteinen trieb. Als die Äbtissin mit einigen Nonnen an der Klosterpforte erschien, wurde sie von den wütenden Bürgern angegriffen und schwer verletzt.
Der Kurfürst spricht ein Machtwort
Im Jahr 1790 nach Jahren des bürgerlichen Protestierens gegen das Kloster wurde endlich ein Vergleich durch den Kurfürsten erlassen: das Kloster behielt seinen Exklusivanspruch auf die angestammte Schafweide unterhalb der Römersteine, verlor aber wichtige Hoheitsrechte. Den Rest besorgte dann die Französische Revolution, die 1820 zur Auflösung des Konvents führte.
Mainzer Tradition findet in die Gegenwart
Fast genau vor 200 Jahren also konnten ab diesem Jahr die Bretzenheimer und Zahlbacher Bürger ihre Schafe und Ziegen dort weiden lassen und schufen schon damals das Bild des „lebendigen Denkmals“ an den Römersteinen. Römische Geschichte traf hier auf die Geschichte der Mainzer Stifte und der Revolution. Der Verein „Lebendiges Denkmal Römersteine“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur eine grüne Oase mitten in unserer Landeshauptstadt zu schützen und zu erhalten, sondern auch ein Stück einzigartige Mainzer Stadtgeschichte den Bürgern zugänglich zu machen.
Begegnungsstätte und Historie – ein Denkmal lebt
Nach der Gründung des Vereins 2011 ist unser Verein ein fester Bestandteil des Mainzer Stadtlebens. Das jährlich stattfindende Krippenspiel, das mit großer Unterstützung der Achatius-Gemeinde und den Helfern des Vereins stattfindet, die Schafschurfeste, die weihnachtlichen „Hirtenwachen“ am Lagerfeuer bringen Menschen vor einem lebendigen Denkmal zusammen. Die benachbarte Grundschule besucht regelmäßig die Stadtschäferei, wobei die Kleinsten, mitten in der Großstadt, einen Eindruck vom Leben auf dem Land bekommen können. Ein Projekt mit der Römersteinschule, in unserem „Naturklassenzimmer“, das gerade während der Pandemie oft benutzt wurde stellte für die Kinder eine willkommene Abwechslung für den normalen Biologieunterricht dar.
Unser Anliegen: die Römersteine lebendig halten
Für anfallende Mäharbeiten und sonstige Aufgaben mit den Tieren haben wir Andrzej Pilarek als Minijobber eingestellt, den wir aufgrund großzügiger Spenden finanzieren können. Ebenfalls ein wichtiger Helfer ist Darko Perse, der meist in den Abendstunden ehrenamtlich für uns arbeitet. Auf den Weiden an den Römersteinen grasen nun 16 Schafe, 10 Gänse, 5 Hühner und ein Hahn; wer Glück hat, kann gegen eine kleine Spende auch frische Eier von „garantiert glücklichen Hühnern“ mit nach Hause nehmen. Natur und Kultur zu pflegen und den Menschen nahe zu bringen ist uns eine echte Mainzer Herzensangelegenheit.
Wer unsere grüne Oase besuchen will, kann bequem mit der Straßenbahn, Linie 52, in Richtung „Bretzenheim Bahnstraße“ fahren und an der Haltestelle „Römersteine“ aussteigen. Nach nur 200 Metern könnt ihr dann – mitten in der Großstadt – in eine ländliche Idylle eintauchen, was besonders für Kinder ein besonderes Erlebnis bleibt.
Wir freuen uns auf Euch!